BaFin deckt gravierende Mängel bei Versicherungsberatungen auf
Bei einer "Mystery Shopping"-Aktion 2024 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Testkäuferinnen und -käufer zu sechs Versicherern und deren Vertriebspartnern (z. B. Banken) geschickt. Insgesamt gab es 72 Gespräche und abgeschlossene Verträge – die nach der Beratung alle widerrufen wurden.
Nicht alle Versicherer befragten die Testpersonen nach ihren Anlagewünschen und Bedürfnissen. Nur etwa die Hälfte der Versicherer dokumentierte, ob ein empfohlenes Produkt für die Testperson überhaupt geeignet war. Zudem waren die Beratungsdokumente häufig unübersichtlich. Die Aufklärung zum Risikoniveau und zur empfohlenen Haltedauer wurde von den Testpersonen hingegen positiv bewertet.
Im Auftrag der BaFin traten Testpersonen als Käuferinnen und Käufer von Versicherungsanlageprodukten auf. Ziel war zu prüfen, ob die Beraterinnen und Berater umfassend beraten und Produkte passend zu den Vorsorge- und Anlagezielen der Testpersonen empfehlen. Konkret ging es darum zu schauen, ob die Beraterinnen und Berater die Beratungs-, Informations-, und Dokumentationspflichten einhalten, die verschiedene Gesetze vorschreiben.
Diese Aktion hat große Defizite in mehreren Bereichen ergeben:
Kunden-Wünsche und Bedürfnisse nicht oder nur oberflächlich abgefragt
Dazu zählen die bisherigen Erfahrungen mit Anlageprodukten, die finanzielle Situation, der Anlagezweck, die Anlagedauer, die Risikobereitschaft, der Liquiditätsbedarf und die individuellen Nachhaltigkeitspräferenzen.
Nur in etwa der Hälfte der Fälle dokumentierten Beraterinnen und Berater die Prüfung der Geeignetheit der Produkte.
Kosten hoch und oft verschwiegen
Über die zu erwartende Rendite wurde in fast allen Gesprächen aufgeklärt (94 %), Infos zum Risikoniveau der Anlage fehlten aber schon in fast jedem fünften Gespräch. Um die Kosten ging es sogar in rund einem Drittel der Gespräche gar nicht.
Unübersichtliche Dokumentation
Die Beratungs- und Vertragsunterlagen umfassten oft über 200 Seiten, in Einzelfällen sogar über 400. Sie waren häufig unübersichtlich, teilweise irreführend. So war beispielsweise nicht immer klar, auf welches Angebot sich ein Basisinformationsblatt bezieht.
Pflichtinformationen wie das Basisinformationsblatt und die Offenlegung zu Nachhaltigkeitsrisiken sowie die Beratungsdokumentation wurden oft nicht und in einigen Fällen erst nach Vertragserklärung bereitgestellt.
Die BaFin weist ausdrücklich darauf hin, dass die Aktion nur eine Momentaufnahme darstellt - wenn auch eine erschreckende. Wie bei jeder Aktion dieser Art könnten die Resultate nicht ohne Weiteres auf den gesamten deutschen Finanzsektor übertragen werden.
Quelle: Fachartikel der BaFin vom 17.06.2025