Schuldenreport Schleswig-Holstein 2022 Hintergrund-Infos

Am 02.03.2023 hat die Koordinierungsstelle den aktuellen Schuldenreport "Überschuldung in Schleswig-Holstein 2022" im Rahmen eines Pressegesprächs vorgestellt. Er gibt einen Überblick über die aktuelle Situation der überschuldeten Menschen in Schleswig-Holstein.
Im vorliegenden Report werden die Ergebnisse aus der Überschuldungsstatistik 2021 ins Verhältnis zu anderen Statistiken gesetzt, wodurch ein differenziertes Bild der Lebenslage Überschuldung entsteht. Noch nicht abgebildet ist die extreme Steigerung der Lebenshaltungskosten nach dem russischen Krieg gegen die Ukraine.
Viele Haushalte sind mit den aktuellen Krisen an ihren – nicht nur finanziellen – Grenzen angekommen. Das zeigt auch die dritte Umfrage zur Situation der Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein für das Jahr 2022, die Bestandteil des Reports ist. Sie zeigt deutlich, dass die Belastung der Kolleg*innen weiter angestiegen ist, ebenso wie die Komplexität der Fälle. Zunehmend suchen Erwerbstätige eine Beratung auf, ebenso Menschen, die Miet- und Stromschulden haben. Altersarmut ist ein Thema, das in der Beratung immer sichtbarer wird.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre!
Dritte Umfrage zur Situation der Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein
Belastungsgrenze der Beratungskräfte ist längst erreicht
Die Koordinierungsstelle hat in einer dritten Befragung zur Situation in der Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein besorgniserregende Befunde erhoben. Die Umfrage unter allen Schuldnerberatungsstellen bezog sich auf den Befragungszeitraum 2022 gegenüber dem Jahr 2019, dem letzten "Normaljahr" vor den Krisen.
Kernergebnisse der Umfrage:
Die Belastung der Beratungskräfte hat besorgniserregende Ausmaße angenommen. So berichten 63 % der antwortenden Berater*innen, dass sich die Anzahl der Anfragen im vergangenen Jahr gegenüber 2019 erhöht hat. Dieser Wert ist nur leicht gesunken gegenüber der ersten Umfrage im vergangenen Jahr.
Die Anfragen sind in den kreisfreien Städten in deutlich größerem Ausmaß angestiegen als auf dem Land. Aus nahezu allen Beratungsstellen in Schleswig-Holstein wird uns berichtet, dass es zu längeren Fallbearbeitungszeiten sowie meist zu einer längeren Verweildauer im gesamten Beratungsprozess kommt und die Komplexität der Fälle insgesamt zunimmt.
Die Anfragen von Erwerbstätigen nach Schuldnerberatung sind sprunghaft angestiegen, und zwar in gleichem Maße in der Stadt und auf dem Land. 46 % der Beratungsstellen verzeichnen vermehrte Anfragen dieser Gruppe von Ratsuchenden (+17 gegenüber 2021). 69 % der Beratungsstellen registrieren vermehrt (Solo-) Selbständige in der Beratung, dies vor allem in den Städten. Dieser Wert ist nur leicht gegenüber 2021 gesunken und bleibt auf hohem Niveau. Personen in Kurzarbeit fragen deutlich weniger nach Beratung als im Jahr 2021.
Die Beratung von Personen mit zusätzlichem Unterstützungsbedarf ist gegenüber 2021 auf einem ähnlich hohen Niveau geblieben. 63 % der Kolleg*innen berichten von vermehrten Anfragen von Personen mit für die Beratung nicht ausreichenden Deutschkenntnissen (etwas häufiger in den kreisfreien Städten). Daher benötigen wir bedarfsgerechte Finanzierungsmöglichkeiten für die Beratung und für Dolmetscherdienste, um eine qualifizierte Beratung anbieten zu können. Hier sehen wir die Kommunen in der Pflicht.
59 % der Kolleg*innen sehen sich vermehrten Anfragen von Personen mit gesetzlicher Betreuung gegenüber. Dieser Wert ist gegenüber 2021 noch einmal um 5 % gestiegen.
Auch diese dritte Umfrage belegt: Altersarmut wächst, durch die Krisen befeuert, stärker und schneller an, als wires für die Schuldnerberatung erwartet haben. 92 % der befragten Schuldnerberater*innen gaben an, dass bei den über 65-jährigen Ratsuchenden die Rente nicht zum Leben reicht (+7 % gegenüber 2021) und sie deshalb ihre Beratungsstelle aufsuchen müssen. Die gerade im vergangenen Jahr galoppierenden Energiekosten wurden von 69 % als Grund angegeben (+27), und dieser wird deutlich häufiger aus dem ländlichen Raum berichtet. Von 46 % der Beratungskräfte wird berichtet, dass die über 65-Jährigen ihre Rücklagen aufgebraucht bzw. gar keine aufgebaut haben und deshalb eine Beratungsstelle aufgesucht haben.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Situation für die über 65-Jährigen weiterhin dramatisch ist. Eine kleine Rente, die noch nicht bewältigten Folgen der Corona-Pandemie und die aktuelle Verteuerung von Lebensmitteln und Energie trifft diese Personengruppe besonders, die schon vor Corona häufig von Altersarmut betroffen war. In der Überschuldungsstatistik ist der Anteil dieser Personengruppe in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen, was sich vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in den kommenden Jahren weiter fortsetzen dürfte.
Hinsichtlich der Beratungsinhalte können wir feststellen, dass die existenzsichernden Maßnahmen
durch Krisenintervention gegenüber 2019 deutlich zugenommen haben. So berichten 54 % der Befragten von vermehrten Anfragen zum Pfändungsschutz, dies vor allem in den kreisfreien Städten. Bei 57 % (+15) der Kolleg*innen steht das Thema Miet- und Stromschulden ganz oben auf der Agenda. Das ist wenig überraschend vor dem Hintergrund der Preisentwicklung im vergangenen Jahr und wird etwas mehr aus dem ländlichen Raum berichtet. Ein erhöhter Bedarf ist mit 23 % auch im Bereich der Budgetplanung zu verzeichnen (+15).
Die Anfragen zur Insolvenzberatung sind leicht zurückgegangen, befinden sich mit 49 % (-4 % gegenüber 2021) vor allem in den kreisfreien Städten aber weiterhin auf hohem Niveau. Dieses Ergebnis bestätigt die Rückmeldungen aus der Beratungspraxis, dass derzeit die Maßnahmen zur Existenzsicherung durch Krisenintervention vorrangig sind. Ferner sind Insolvenzanträge aufgrund der existenzgefährdenden Situation der Ratsuchenden derzeit nicht angezeigt, da die
Ratsuchenden vermutlich neue Schulden für die Sicherung ihrer Existenz machen müssen (Energieschulden).
Die Beratungsbedingungen scheinen sich allmählich wieder auf die Situation vor Corona einzupendeln. Zunehmend finden Beratungen wieder in Präsenz statt, offene Sprechstunden werden in einigen Orten ebenfalls wieder angeboten.
Schuldnerberatung wird zunehmend digital angefragt. Um diesen wachsenden Bedarf zu decken, wünschen sich die Berater*innen geeignete datenschutzkonforme Lösungen für Dokumenteneingang, Mail- und Videoberatung.
Energiekrise
Die Koordinierungsstelle hat die zahlreichen Entlastungspakete des Bundes in einer aktualisierten Übersicht aufbereitet und stellt sie auf diesem Wege zur Verfügung.
Neben der Darstellung der zahlreichen Steuerentlastungen und Energieentlastungen sind die Leistungen zielgruppenorientiert nach Familien, Auszubildenden/Studierenden, Selbständigen, Rentner*innen, ALG I-Beziehenden, Sozialleistungsbeziehenden, Wohngeldbeziehenden und Arbeitnehmer*innen zusammengestellt.
Update 15.03.2023: Energiekostenzuschuss für Studierende und Fachschüler*innen ab 15.03.2023
Der Bearbeitungsstand ist der 15.03.2023, eine regelmäßige Aktualisierung erfolgt an dieser Stelle.
Einige Zahlen zur Einordnung
Ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine belasten die rasant steigenden Lebenshaltungskosten große Bevölkerungsgruppen und sind zunehmend existenzbedrohend.
Die Preise für Haushaltsenergie stiegen im Jahr 2022 gegenüber 2021 um durchschnittlich 39 % (Heizöl +87 %, Erdgas +65 %, Strom +20 %) und für Nahrungsmittel um 13,4 %. Quelle
Die Inflationsrate betrug 2022 6,9 % (Korrektur des Statistischen Bundesamtes am 01.03.2023), die Reallöhne sind 2022 das dritte Jahr in Folge gesunken (-3,1 %), da die Lohnsteigerungen die Inflation nicht ausgleichen konnten. Das ist der stärkste Reallohnverlust für Beschäftigte seit 2008. Quelle
Im 1. Quartal 2023 sind die Reallöhne um 2,3 % gesunken. Damit setzt sich der Trend aus 2022 fort: Die hohe Inflation von 8,3 % hat den höchsten Nominallohnanstieg seit 2008 vollständig aufgezehrt. Quelle
Die Inflationsrate im April 2023 betrug 7,2 % (Differenzierung nach Energie und Nahrungsmittel unter dem Link). Quelle
Diese Zahlen muten eher moderat an, müssen aber vor dem Hintergrund gesehen werden, dass es bereits im Jahr 2021 und zum Jahresbeginn 2022 einen extremen Anstieg der Energiepreise gegeben hat. Die Gefahren, in eine Überschuldung zu geraten, wachsen insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen rasant.
Die Inflationsrate nach Monaten finden Sie hier.
Die Bundesregierung hat auf die Krise reagiert und im Jahr 2022 drei Entlastungspakete mit einem Volumen von 300 Mrd. € geschnürt, die die Teuerung von Energie im Jahresverlauf temporär abmilderten.
Die Koordinierungsstelle hat die Entlastungspakete des Bundes in einer Übersicht aufbereitet, die Sie auf dieser Seite finden.
Situation der Ratsuchenden
Bei Primärschulden, wie Energie- und Heizkostenschulden, muss möglichst kurzfristig beraten werden. Der Beratungsdruck ist in solchen Fällen für die Klient*innen wie Berater*innen gleichermaßen hoch.
Die Situation ist bei unseren Klient*innen nicht selten existentiell. Durchschnittlich wendeten sie im Jahr 2021 46 % ihres monatlichen Haushaltseinkommens für Wohnkosten (Miete einschließlich Energie- und Nebenkosten) auf. Das entspricht 526 €. Der Anteil in der Gesamtbevölkerung in Gesamtdeutschland liegt bei 23 %. Quelle
Die Ratsuchenden leben häufig in energetisch unsaniertem Wohnraum (einfach verglaste Fenster, alte Boiler etc.). Aufgrund einer in der Regel negativen Schufa und zu hoher Mieten fällt es ihnen schwer, sanierten Wohnraum anzumieten. Die Nebenkosten und die Kosten für die Stromversorgung sind für unsanierte Wohnungen ungleich höher als für sanierte.
Die stetig steigenden Strompreise seit der Liberalisierung des Strommarktes 1997, der aktuelle Krieg in der Ukraine, der eine extreme Steigerung der Lebenshaltungskosten zur Folge hatte, und nicht zuletzt alte Geräte mit im Verhältnis hohem Stromverbrauch in verschuldeten Haushalten haben dazu geführt, dass wir in den letzten Jahren eine weitere Zunahme der Kriseninterventionen bei Stromschulden zu verzeichnen hatten.
Die im Verhältnis zum geringen Einkommen zu hohen monatlichen Abschläge, verzögerte oder ausbleibende Ratenzahlungen und damit wiederum sehr hohe Nachforderungen in der Jahresabrechnung führten zu einem unaufhörlich wachsenden Schuldenberg und in der Folge zu angekündigten Stromsperren.
Auch im Bereich der Heizkosten kam es vor allem seit dem Jahr 2021 zu großen Mehrbelastungen für die Privathaushalte – noch weiter verschärft durch den Krieg in der Ukraine. Die Preise für Heizöl, Strom und Gas sind extrem angestiegen. Wir erwarten daher auch weiterhin einen massiv steigenden Beratungsbedarf in diesen Bereichen der Schulden mit dem Hintergrund der Existenzgefährdung.
Neben bezahlbarem angemessenen Wohnraum gehören eine ausreichende Grundversorgung mit Haushaltsenergie (Strom, Gas und andere Brennstoffe) zum Existenzminimum eines Menschen und somit zu den Grundlagen für die Teilhabe am Leben der Gesellschaft. Aktuell sind Niedrigverdiener ohne Wohngeld und Grundsicherungsleistungen besonders betroffen.
Auf der Themenseite "Energiekrise" haben wir viele relevante Informationen zum Thema Energie zusammengestellt.
Dort finden Sie die geltenden Gesetzesregelungen sowie die Verlinkung auf das Unterstützungsportal "Energie-Hilfe" vom Verein Tacheles und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband.
Armut und soziale Ausgrenzung
Die Ursachen von Armut sind vielfältig. Häufig geraten Menschen in Armut, weil sie ihren Job verlieren, krank werden oder sich von ihrem Partner oder ihrer Partnerin trennen. Besonders gefährdet sind Alleinerziehende, Beschäftigte im Niedriglohnsektor, Frauen im Rentenalter, Menschen mit Migrationshintergrund sowie Familien mit mehr als zwei Kindern und Menschen mit geringen Bildungsabschlüssen.
Unterschieden werden absolute und relative Armut. "Absolute Armut" bedeutet, dass Menschen ihre Grundbedürfnisse nicht decken können. Sie haben zum Beispiel nicht genug zum Essen, keine ausreichende Kleidung oder Wohnung oder ihre ärztliche Versorgung ist nicht gesichert.
Die Sicht auf "relative Armut" bezieht auch die Lebens- und Entwicklungschancen in einer Gesellschaft ein, es geht also um soziale Ungleichheit. Wer relativ arm ist, hat beispielsweise schlechtere Bildungschancen, weniger soziale Kontakte und größere Schwierigkeiten als andere, beruflich aufzusteigen. Die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, das heißt die soziale und kulturelle Teilhabe, ist in vielerlei Hinsicht eingeschränkt.
Armut bedeutet, dass Menschen nicht die Teilhabemöglichkeiten haben, die in einer Gesellschaft als normal gelten, und zugleich materiellen Mangel erleiden.
In der Europäischen Union wird die folgende, 2004 eingeführte Armutsdefinition zugrunde gelegt: Von Armut spricht man, wenn Personen über ein so geringes Einkommen und so geringe Mittel verfügen, dass ihnen ein Lebensstandard verwehrt wird, der in der Gesellschaft, in der sie leben, als annehmbar gilt.
Eine Person gilt als von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen, wenn mindestens einer der folgenden drei Lebenssituationen zutrifft:
1. ihr Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsschwelle (monetäre Armut)
2. ihr Haushalt ist von erheblicher materieller Entbehrung betroffen (Mangel an alltäglichen Gütern, die üblicherweise einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen würden)
3. oder sie lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung.
Nach dieser Definition waren im Jahr 2022 in Deutschland 20,9 % der Bevölkerung (17,3 Mio. Menschen) von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Quelle
Diffenziert nach Geschlecht und Alter im Zeitvergleich: Quelle
Nach einer weiteren gängigen Berechnungsgrundlage, die der Paritätische in seinem Armutsbericht zugrunde legt, galten bundesweit im Jahr 2021 16,9 % (14,1 Mio.) der Bevölkerung als arm – ein neuer Höchststand. Quelle
Die Pandemie hat die Armut in Deutschland sprunghaft ansteigen lassen. Mit den seit Herbst 2021 steigenden Lebenshaltungskosten ist eine erst allmähliche, nun aber geradezu dramatische Vertiefung der Armut hinzugekommen. Bei einer Inflationsrate von 7,9 Prozent im Jahr 2022 hatte ein Regelsatz in Hartz IV oder Altersgrundsicherung von 449 Euro im Vergleich zum Vorjahr gerade noch eine Kaufkraft von 414 Euro. Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes geht davon aus, dass der Regelsatz 725 Euro betragen müsste, um armutsfest zu sein. Quelle
Der WSI-Verteilungsbericht 2022 stellt den Zusammenhang her: "In Deutschland ist der Anteil der Armen in der letzten Dekade deutlich angestiegen. Einkommensarmut ist […] weit mehr als nur ein Mangel an finanziellen Ressourcen. Wer in Deutschland arm ist, erwirbt weniger Bildungskompetenzen, hat ein höheres Morbiditätsrisiko oder lebt auf kleinerer Wohnfläche. Diese schlechteren Lebenslagen der armen Bevölkerung gehen auch mit einer geringeren Lebenszufriedenheit einher. […] Der Bericht verdeutlicht, dass Armut nicht nur weniger gesellschaftliche Teilhabe für die Betroffenen bedeutet, sondern deren Vertrauen in demokratische Institutionen untergräbt. Gefährdet ist deswegen letztlich auch das demokratische gesellschaftliche System, wenn Bedürfnisse der armen Bevölkerung strukturell vernachlässigt werden. Die Bekämpfung von Einkommensarmut ist somit auch gesamtgesellschaftlich eine dringende Notwendigkeit, wobei es vor allem gilt, Chancengleichheit und volle gesellschaftlich Teilhabe für Arme zu fördern." Quelle
Zum Weiterlesen
Diakonisches Werk Schleswig-Holstein: Positionspapier Armut
Diakonie Deutschland: Wissen kompakt Armut
Paritätischer Armutsbericht 2022 "Zwischen Pandemie und Inflation" (aktualisierte 2. Auflage März 2023)
Paritätischer Wohlfahrtsverband: Regelbedarfe 2023. Kurzexpertise
Wer weniger als 60 % des mittleren Einkommens zum Leben hat, gilt nach der EU-weit geltenden Definition als armutsgefährdet.
Im Jahr 2022 lag die Armutsgefährdungsquote in Deutschland bei 16,7 %, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer (17,7 % zu 15,7 %). Mit zunehmenden Alter sind Frauen deutlich häufiger armutsgefährdet als Männer (19,4 % zu 15,1 % bei den über 65-Jährigen). Quelle (Tabelle A2.0 DE_Bund).
In Schleswig-Holstein lag die Armutsgefährdungsquote mit 16,9 % leicht über dem Bundesdurchschnitt, wobei auch im Land Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer (18,2 % zu 15,5 %). Mit zunehmenden Alter sind auch in Schleswig-Holstein Frauen deutlich häufiger armutsgefährdet als Männer (17,6 % zu 13,6 % bei den über 65-Jährigen). Quelle (Tabelle A2.15 Schleswig-Holstein)
Der Schwellenwert lag 2022 bundesweit bei 1.189 € für eine alleinstehende Person, in Schleswig-Holstein bei 1.178 €. Quelle (Tabelle A.7.2)
Armut von Kindern und Jugendlichen ist seit Jahren ein ungelöstes strukturelles Problem in Deutschland. 20,8 % der Kinder bzw. Jugendlichen unter 18 Jahren (2,8 Mio.) wuchsen 2021 in Deutschland in Armut auf. Damit sind Kinder die Altersgruppe, die am zweithäufigsten von Armut betroffen ist. Zwei Drittel leben mindestens fünf Jahre durchgehend oder wiederkehrend in Armut. Ein neuer Rekord der Kinderarmut in Deutschland. Quelle
Wer in Deutschland in einer Familie mit mehreren Kindern lebt, ist häufiger von Armut betroffen, als das in Haushalten mit weniger Kindern der Fall ist. Fast ein Drittel (32 %) aller Familien mit drei oder mehr Kindern gilt als einkommensarm, knapp 18 % beziehen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Der Blick auf die Länderebene unterstreicht diesen Befund: Über alle Bundesländer hinweg haben Paarfamilien mit drei und mehr Kindern ein fast dreimal so hohes Armutsrisiko wie Paarfamilien mit zwei Kindern. Besonders schwierig ist die Lage für alleinerziehende Familien mit drei und mehr Kindern: Über 86 % von ihnen sind auf Sozialtransfers angewiesen. Quelle
Kinder und Jugendliche erleben in nahezu allen Lebensbereichen Einschränkungen aufgrund der Armut – mit Folgen für das ganze Leben. Armut bestimmt auch ihr Selbstbild. So trauen sich Kinder, die in Armut aufwachsen, in Bezug auf den angestrebten Bildungsabschluss weniger zu.
Die Corona-Pandemie hat diese multiplen Problemlagen noch weiter verschärft.
In keinem anderen Industrieland hängt der Bildungserfolg von Kindern so stark von der sozialen Herkunft ab, wie in Deutschland. Die regelmäßigen PISA-Studien der OECD belegen das seit vielen Jahren. Das bedeutet, dass Kinder, die in Armut aufwachsen, sehr viel schlechtere Möglichkeiten haben, sich als Erwachsene von Armut zu befreien.
Konzepte für eine Kindergrundsicherung liegen seit Jahren auf dem Tisch. Einen Vorschlag macht das von vielen Verbänden getragene Bündnis Kindergrundsicherung. Mehr
Es ist an der Politik, sie umzusetzen.
Zum Weiterlesen
Im Schuldenreport 2020 haben wir im Themenschwerpunkt "Chancenlose Kinder" viele Informationen zu diesem Thema zusammengetragen. Mehr
Bertelsmann Stiftung: Factsheet "Kinder- und Jugendarmut in Deutschland", 2023 Download
Bertelsmann Stiftung: Policy Brief "Existenzsicherung für Kinder neu bestimmen", 2023 Download
BAG KJS: Monitor Jugendarmut 2022 "Armut hat viele Gesichter - Aktuelle Zahlen, Daten und Fakten" (gut gemachte Homepage zum Thema) Mehr
In 2021 galten 38 % der Alleinerziehenden (zu 81 % Frauen) in Schleswig-Holstein als arm oder von Armut bedroht Quelle (Tabelle A 3.15) und sind entsprechend häufiger auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen.
Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern stellen zwar nur 23 % der Gesamtfamilien dar Quelle (Kap. 1, Grafik 1.27), bilden aber 52 % der Bedarfsgemeinschaften mit Kindern im SGB II ab. Quelle (Tabelle 4)
Damit ist das Armutsrisiko von Alleinerziehenden mehr als doppelt so hoch wie im gesellschaftlichen Durchschnitt.
Der Anteil der alleinerziehenden Familien, die von Einkommensarmut gefährdet sind, bleibt hoch. Obwohl sie häufig einer Erwerbstätigkeit nachgehen, können viele Alleinerziehende keine gesicherte Existenz für sich selbst und ihre Kinder schaffen. Alleinerziehende Mütter gehen häufiger einer Beschäftigung nach als andere Mütter und arbeiten öfter in Vollzeit. Gleichzeitig fehlen Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder.
Zudem üben auch 40 % der Alleinerziehenden im SGB II-Bezug eine Erwerbstätigkeit aus – häufiger als der Durchschnitt der Leistungsempfänger*innen. Quelle
Zum Weiterlesen
Diakonie Deutschland: Armut und Geschlecht
Eine fehlende (berufliche) Bildung ist ein großes Überschuldungsrisiko.
Im Jahr 2021 lag die Arbeitslosenquote von Menschen ohne Berufsabschluss in Schleswig-Holstein bei 20,9 %. Die der Akademiker lag bei 2,5 %, die derjenigen Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung bei 3,1 %. Diese Werte sind gegenüber 2020 nahezu unverändert geblieben und mit den Zahlen auf Bundesebene nahezu identisch. Die Arbeitslosenquote der Ungelernten ist damit mehr als sechsmal höher als bei Menschen mit abgeschlossener Ausbildung. Quelle
In Schleswig-Holstein waren im Jahr 2021 34 % der gering qualifizierten Personen ab 25 Jahren armutsgefährdet. Quelle (Tabelle A 3.15)
Bundesweit lag die Quote für über 25-Jährige mit 32 % etwas niedriger. Quelle
Der Anteil der Geringverdiener*innen lag bei Vollzeitbeschäftigten ohne Berufsabschluss bei 41 %, bei Beschäftigten mit beruflichem Abschluss bei 18 % und bei Personen mit Hochschulabschluss bei 5 %. Quelle
Die Altersarmut wächst, durch die Krisen befeuert, stärker und schneller als erwartet an. Die aktuelle Energiekrise und die allgemeinen Preissteigerungen betreffen gerade Menschen mit kleinen Renten existentiell. Mehr als ein Viertel der Rentner*innen hatten 2021 ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1.000 €. Frauen sind in dieser Einkommensgruppe extrem überrepräsentiert (38 % zu 15 %). Altersarmut bleibt überwiegend weiblich. Quelle
Die Altersgruppe der über 65-Jährigen ist mit 8 % bezogen auf den Anteil an der Bevölkerung (29 %) in der Schuldnerberatung deutlich unterrepräsentiert. Ihr Anteil in der Beratung wächst aber kontinuierlich. Vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen sowie der sozialpolitischen und gesellschaftlichen Entwicklung ist in den kommenden Jahren in dieser Altersgruppe mit einem deutlichen Anstieg der Ratsuchenden zu rechnen.
Der Anteil der älteren Menschen unter den Kund*innen der Tafeln steigt stetig an. Unter ihnen ist der Frauenanteil deutlich höher. Quelle
Viele Rentnerinnen müssen als Folge von Familienarbeit und Teilzeit mit einer Mini-Rente auskommen. Aus Scham bitten viele erst spät um Hilfe. Zudem haben sie oft keine ausreichende Altersvorsorge.
Die Altersrenten der Frauen aus der gesetzlichen Rentenversicherung waren 2021 in den alten Bundesländern mit durchschnittlich 737 € um 40 % niedriger als die der Männer (1.212 €). In den neuen Bundesländern betrug die Differenz 16 % (1.082 gegenüber 1.292 €). Quelle
Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nehmen Hundertausende in Deutschland Sozialleistungen wie ehemals „Hartz IV“ aus Angst vor Stigmatisierung oder moralischer Scham nicht in Anspruch. Im SGB II wird die Quote der Nichtinanspruchnahme auf 43-56 % geschätzt und bei Grundsicherung im Alter sogar auf ungefähr 60 %. Quelle
Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat in seinem Armutsbericht 2022 (aktualisierte 2. Auflage März 2023) zu diesem Thema festgehalten:
"So fällt der ganz ungewöhnliche Zuwachs der Armut unter Erwerbstätigen auf. Und hier insbesondere die Armut unter Selbständigen. Die Armutsquote springt während der Pandemie von 9 auf 13 %. Das ist ein extrem starker Anstieg, was aber durchaus mit einschlägigen Untersuchungen korrespondiert, die schon während der Pandemie Hinweise gaben, dass es vor allem Selbständige waren, die in der Pandemie in großer Zahl finanzielle Einbußen zu erleiden hatten.
Auch unter den abhängig Beschäftigten fällt ein ungewöhnlich starker Anstieg der Armut in der Pandemie auf: von 7,9 auf 8,5 Prozent. Drei Faktoren dürften hier eine Rolle spielen:
- die Einkommensverluste bei Kurzarbeit,
- die Tatsache, dass unter den abhängig Beschäftigten pandemiebedingt jene am stärksten von Einkommensverlusten betroffen waren, die ohnehin über eher geringe Erwerbseinkommen verfügten,
- sowie der rapide Anstieg von Teilzeitarbeit. Es kann vermutet werden, dass auch hier pandemiebedingte Arbeitszeitreduzierungen mit entsprechenden Lohneinbußen eine Rolle spielten." Pressestatement, S. 2
Erwerbsarmut
Erwerbsarmut bedeutet, dass eine erwerbstätige Person in einem Haushalt mit einem verfügbaren Einkommen unterhalb der Armutsgrenze lebt (60 % des mittleren Einkommens). In Deutschland lag die Erwerbsarmutsrate im Jahr 2021 bei 9,1 % im früheren Bundesgebiet und bei 7,8 % in den neuen Bundesländern (einschließlich Berlin). Damit gibt es in Deutschland mehr erwerbstätige Arme als Arbeitslose! In Schleswig-Holstein liegt die Quote bei 9,0 %. Quelle (Tabelle 3.15 für S-H)
Niedriglohn: Weiblich, jung, im Dienstleistungssektor tätig
Niedriglohn ist Erwerbsarmut. Als Niedriglohn wird ein Verdienst bezeichnet, der weniger als zwei Drittel des mittleren Brutto-Verdienstes (Median) aller Arbeitnehmer*innen beträgt. Die Niedriglohnschwelle betrug in Deutschland im Jahr 2020 2.284 € brutto/Monat. Der Anteil der Geringverdienste lag bei Vollzeitbeschäftigten ohne Berufsabschluss bei 40,8 %, bei Beschäftigten mit beruflichem Abschluss bei 17,8 % und bei Personen mit Hochschulabschluss bei 4,9 %.
In Schleswig-Holstein arbeiten 21 % im Niedriglohnbereich. Quelle
Deutschland hat nach wie vor einen der größten Niedriglohnsektoren Europas. Quelle Im Jahr 2022 arbeiteten 19 % aller abhängig Beschäftigten (7,5 Mio. Personen) im Niedriglohnsektor. Der Niedriglohnanteil ist im Gastgewerbe am höchsten. Das Statistische Bundesamt gibt die Niedriglohnschwelle mit 12,50 € brutto je Stunde an. Dieser Wert ist leicht über dem Mindestlohn von 12 €. Corona und die Preissteigerungen verschärfen die Lage für Geringverdiener*innen. Quelle
Zum Weiterlesen
Die Corona-Pandemie hat die Probleme des Niedriglohnsektors noch verstärkt. Vor allem Beschäftigte im Niedriglohnsektor haben ihre Arbeit verloren oder sind auf Kurzarbeit gesetzt worden. Zudem haben Beschäftigte in diesem Bereich seltener Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch den Arbeitgeber bekommen. Knapp 50 % der Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 900 € mussten Einkommensrückgänge hinnehmen. Hier sind vor allem geringfügig Beschäftigte betroffen. Auch die Höhe der Einbußen ist bei niedrigen Einkommen relativ betrachtet gravierender als bei Gutverdienern. Quelle
Mindestlohn
Der seit Oktober 2022 geltende Mindestlohn von 12 € je Stunde ist nicht existenzsichernd und bedeutet im Alter eine Rente unter Grundsicherungsniveau. Die vorherige Bundesregierung hatte im Jahr 2018 berechnet, dass für einen Single-Haushalt der Mindestlohn bei 45 Beitragsjahren 12,63 € betragen müsste, um im Alter die Grundsicherungsschwelle zu erreichen. Quelle
Zum Weiterlesen
Toralf Pusch: 12 Euro Mindestlohn: Millionen Beschäftigte bekommen mehr Geld
Broschüre "Der Mindestlohn" (Stand: Februar 2023)
"Aufstocker"
Die Zahl der "Aufstocker", also der Arbeitnehmer*innen, die trotz Arbeit Arbeitslosengeld II beziehen, ist auch im zweiten Pandemiejahr 2021 weiter auf 863.761 zurückgegangen.
Im Vor-Pandemie-Jahr 2019 betrug ihre Zahl noch 1,02 Mio., im Jahr 2020 ist sie auf 933.234 zurückgegangen. Dieser Rückgang verwundert nicht, da in der Pandemie gerade die geringfügig Beschäftigten (z. B. im Gastgewerbe) ihren Job verloren haben. Quelle
Zum Weiterlesen
Studie Bertelsmann Stiftung: Aufstocker-Familien in Deutschland: Wenn das Geld trotz Job nicht ausreicht
Atypisch Beschäftigte
Der Anteil von atypisch Beschäftigten an den Kernerwerbstätigen verharrt in Deutschland auf hohem Niveau. Bundesweit waren im Jahr 2021 21,4 % der Kernerwerbstätigen atypisch beschäftigt (7,1 Mio.). Quelle In Schleswig-Holstein lag die Quote vor Corona bei 20,4 %, davon waren 29,7 % Frauen und 11,6 % Männer. Quelle
Atypisch beschäftigt ist jemand, dessen Haupttätigkeit mindestens eine der folgenden Eigenschaften aufweist: Teilzeit- bzw. geringfügige Beschäftigung mit 20 oder weniger Stunden, Befristung, Leiharbeit.
Kernerwerbstätige sind Erwerbstätige (abhängig Beschäftigte und Selbständige) im Alter von 15-64 Jahren, die nicht in Ausbildung oder verschiedenen Diensten beschäftigt sind (Grundwehrdienst, Freiwilligendienst etc.).
Diese Arbeitssituationen verhindern den kontinuierlichen Aufbau einer eigenständigen Altersvorsorge und finanziellen Absicherung. Das auf kontinuierliche Vollzeit-Erwerbsarbeit ausgerichtete Steuer- und Transfersystem fördert das traditionelle Ernährermodell (Vater in Vollzeit, Mutter in Teilzeit), indem es entsprechende ökonomische Anreize für (Ehe)Paare setzt und die daraus erwachsenden Nachteile für Frauen nicht ausreichend kompensiert.
"Die geringfügig entlohnte Beschäftigung wurde bereits 1972 zur Förderung der Frauenerwerbstätigkeit eingeführt und mit den Hartz-Reformen ausgebaut." Quelle (S. 170)
Mit Folgen für die Rente: Die Altersrenten der Frauen aus der gesetzlichen Rentenversicherung waren 2021 in den alten Bundesländern mit durchschnittlich 737 € um 40 % niedriger als die der Männer (1.212 €). In den neuen Bundesländern betrug die Differenz 16 % (1.082 gegenüber 1.292 €). Quelle
Minijobs
Bundesweit arbeiteten vor Corona fast 7 Mio. Menschen in einem Minijob. Von dem coronabedingten Beschäftigungsrückgang waren Minijobs aufgrund ihrer schlechten Absicherung besonders betroffen. Drei Viertel der Minijobber*innen arbeiten zu einem Niedriglohn und haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Dadurch bricht gerade Haushalten im unteren Einkommensbereich ein erheblicher Teil ihres verfügbaren Einkommens weg. Sie verlieren auch eher ihre Arbeit als andere Erwerbstätige. Entgegen der ursprünglichen Idee haben sich Minijobs nicht als Einstieg in gut bezahlte Arbeit erwiesen.
Wohnsituation
Wohnkosten Klient*innen in der Schuldnerberatung 2021
Durchschnittlich wendeten die Klient*innen in der Schuldnerberatung im Jahr 2021 46 %/526 € ihres monatlichen Haushaltseinkommens für Wohnkosten (Miete einschließlich Energie- und Nebenkosten) auf. Die aktuelle Energiekrise bildet sich in diesen Zahlen noch nicht ab, daher ist hier für das Jahr 2022 eine deutliche Erhöhung der Werte zu erwarten.
Besonders hoch ist der Anteil bei alleinerziehenden Frauen mit einem Kind (45 %/544 €) und bei alleinlebenden Frauen (44 %/447 €).
Die Ratsuchenden in der Schuldnerberatung leben häufig in energetisch unsaniertem Wohnraum und müssen ungleich höhere Nebenkosten leisten. Das zeigt der Blick auf die Gesamtbevölkerung.
Wohnkosten Gesamtbevölkerung 2021
Hier liegt der Wohnkostenanteil bundesweit bei 23 %. Liegt die Wohnkostenbelastung bei mehr als 40 %, gelten Haushalte als überbelastet. Im Jahr 2021 traf dies auf 11 % der Bevölkerung bundesweit zu. Mehr
In der Gesamtbevölkerung sind Alleinlebende mit einem Wohnkostenanteil von 32 % und Alleinerziehende mit 30 % besonders betroffen.
Wohnkosten armutsgefährdete Bevölkerung 2021
Betrachtet man nur die armutsgefährdete Bevölkerung, so ergibt sich ein deutlich anderes Bild: Insgesamt müssen armutsgefährdete Menschen 44 % ihres Einkommens für Wohnkosten aufwenden. Alleinlebende haben einen Wohnkostenanteil von 51 %, Alleinerziehende von 43 % sowie Familien mit mehreren Kindern einen Wohnkostenanteil von 42 % (nicht armutsgefährdete Haushalte 25,2, 25,1% bzw. 19,6 %).
Wohnkosten Gesamtbevölkerung, die zur Miete wohnen 2021
Betrachtet man nur die Gesamtbevölkerung in Haushalten, die zur Miete wohnen, ist die Belastung durch Wohnkosten größer als im Durchschnitt. Im Jahr 2021 galten 13 % der Bevölkerung in Miethaushalten als überbelastet.
Der durchschnittliche Anteil des verfügbaren Haushaltseinkommens, der in dieser Gruppe für Wohnkosten aufgewendet werden musste, lag bei 28 %. Einpersonenhaushalte und Alleinerziehende hatten dabei die höchste Wohnkostenbelastung (35 bzw. 31 %).
Menschen in der untersten Einkommensgruppe und in Städten sind am stärksten belastet. Diese Entwicklung verschärft sich durch den kontinuierlichen Anstieg der Kaltmieten noch weiter.
Themenseite "Wohnen"
Das Statistische Bundesamt hat eine eigene Themenseite "Wohnen" eingerichtet, auf der sich alle relevanten Statistiken, Pressemiteilungen etc. finden.
Die Mietbelastungsquote eines Haushalts bezeichnet den Anteil am Haushaltsnettoeinkommen, der für die Bruttokaltmiete aufgebracht werden muss.
Im Jahr 2022 haben die rund 19,9 Millionen Hauptmieterhaushalte in Deutschland durchschnittlich 27,8 % ihres Einkommens für die Miete ausgegeben.
Die Mietbelastungsquote war für die rund 6,6 Millionen Haushalte, die ihre Wohnung 2019 oder später angemietet haben, mit 29,5 % um 2,7 Prozentpunkte höher als für die rund 2,7 Millionen Haushalte, die ihren Mietvertrag bereits vor 1999 abgeschlossen haben (26,8 %). Das gilt vor allem für dei Städte.
3,1 Millionen Haushalte hatten eine Mietbelastung von 40 % und mehr. 1,5 Millionen Haushalte gaben sogar mindestens die Hälfte ihres Einkommens für Nettokaltmiete und verbrauchsunabhängige Betriebskosten aus.
Allgemein gilt eine Mietbelastungsquote von 30 % als maximal vertretbarer Wert. Kreditinstitute legen diese Mietbelastungsquote ihren Kreditwürdigkeitsprüfungen und ihren Kreditscorings zugrunde.
In Schleswig-Holstein lag die Mietbelastungsquote im Jahr 2022 bei 30,1 %. Deutlich über dem Bundesdurchschnitt und fast die höchste in Deutschland. Mehr
Themenseite "Wohnen"
Das Statistische Bundesamt hat eine eigene Themenseite "Wohnen" eingerichtet, auf der sich alle relevanten Statistiken, Pressemiteilungen etc. finden.