Zur Navigation springen Zum Inhalt springen

Seit März liegt der Entwurf des 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung vor. Der Bericht zeigt: Die Armut in Deutschland hat sich massiv verfestigt. In einem reichen Land wie Deutschland sind immer noch viel zu viele Menschen arm. Wer am Rande der Gesellschaft steht, hat kaum eine Chance, sozial aufzusteigen.

Die Diakonie, der Paritätische und die AG SBV sind im Beraterkreis zum Armutsbericht und waren zur Stellungnahme aufgefordert.

Der Abschnitt "Verschuldung und Überschuldung" beginnt im Bericht auf der Seite 87.


Kommentierungen der AG SBV

"Auch aus Sicht der Schuldnerberatung wird in Folge der COVID-19-Pandemie mit einem Anstieg von überschuldeten Verbraucher_innen zu rechnen sein. Eine tiefergreifende Analyse zur Überschuldungsproblematik fehlt im Bericht jedoch. Sich zu verschulden ist längst ein normaler Vorgang des Wirtschaftslebens geworden und somit stellt das Thema Überschuldung kein Randphänomen dar.

Die rückläufigen Zahlen zu den Verbraucherinsolvenzverfahren bedürfen einer Erläuterung. Es könnte der Eindruck einer sinkenden Überschuldungsquote entstehen. Die Zahl der Überschuldeten ist allerdings in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen und erst in den letzten Jahren ist es zu einer Stabilisierung auf hohem Niveau gekommen. Die rückläufigen Verbraucherinsolvenzen sind auf vielfältige Ursachen zurückzuführen. Ein wesentlicher Faktor ist, dass die Beratungsfälle zunehmend komplexer werden, die Beratungskapazitäten aber nur sehr begrenzt und zudem nicht mit der Nachfrage gewachsen sind.

Abschließend weisen wir darauf hin, dass eine Überschuldungssituation wesentlich mehr beinhaltet als die nicht mehr bezahlbaren Zahlungsverpflichtungen. Auswirkungen sind sowohl für die Betroffenen als auch für Angehörige/Familien erheblich. Die Covid-19-Pandemie verdeutlicht wie ein Brennglas, dass die Betroffenen durch die Wechselfälle des Lebens (Arbeitslosigkeit, Scheidung, Trennung, Krankheit, …) in die Schuldenfalle geraten. Überschuldete Menschen brauchen deshalb persönliche Hilfe und individuelle Unterstützung. Daher wird die Feststellung, dass ein „Bedarf an individualisierter, lebensweltorientierter Schuldnerberatung“ besteht von uns begrüßt, unterstützt und bekräftigt. Die bestehenden Beratungskapazitäten reichen nicht aus. Ebenso wenig haben alle überschuldeten Menschen einen offenen und kostenlosen Zugang zur Beratung. Erforderlich ist deshalb ein gesetzlicher Anspruch auf Zugang zur Schuldnerberatung für alle Ratsuchenden, den die AG SBV bereits seit längerem fordert. Die aktuelle Debatte zur Reform des SGB II und XII böte eine gute Gelegenheit, diesen Zugang in einem neuen § 68a SGB XII „Hilfe bei Überschuldung“ zu verankern".

 

Kommentierungen AG SBV

 

 

Stellungnahme Diakonie Deutschland

Zu Beginn der Stellungnahme findet sich eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte.

Im Abschnitt "Überschuldung und Schuldnerberatung" (S. 13) fordert die Diakonie einen Ausbau und eine finanzielle Absicherung der Schuldnerberatung, um dem Beratungsbedarf gerecht zuwerden - der sich mit Corona noch verschärfen dürfte. Zudem sei eine Initiierung und finanzielle Förderung von Überschuldungsforschung angezeigt, um z.B. vorhandene Datenlücken zu schließen. Auch fordert die Diakonie eine aureichende und verlässliche Förderung der Präventionsarbeit.

 

Stellungnahme Diakonie

 

 

Stellungnahme Paritätischer Gesamtverband

"Der Bericht dokumentiert die fortschreitende Spaltung zwischen Arm und Reich. Er geht dabei weiter als frühere Berichte, indem er nicht nur Einkommen und Vermögen betrachtet, sondern weitere Aspekte einbezieht, um multidimensionale Lebenslagen darzustellen. Anders als vorangegangene Berichte werden dabei auch nicht nur Momentaufnahmen nebeneinandergestellt, sondern Entwicklungen im Zeitverlauf dargestellt. Dabei wird nachgewiesen, dass sich Armut und Reichtum verfestigen und die Polarisierung der Gesellschaft stetig zunimmt. [...]

Der Paritätische arbeitet einen weiteren Aspekt heraus, weshalb Armut im Bericht untererfasst wird. So bleibt die Verschuldung von Haushalten bei der Bestimmung der einzelnen Lebenslagen nicht berücksichtigt. Ver- und Überschuldung betrifft aber insbesondere einkommensarme Haushalte. Bleibt die Verschuldung unberücksichtigt, so bleibt auch außer Betracht, dass das den Haushalten zugeschriebene Einkommen diesen in der Regel gar nicht zur Verfügung steht, weil ein Teil davon für den Schuldendienst gebunden ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass das tatsächliche Ausmaß der Deprivation nicht erfasst wird."

 

Zusammenfassung und Stellungnahme Paritätischer Gesamtverband

 

 

Entwurf 6. Armuts- und Reichtumsbericht

 

 

 

Koordinierungsstelle Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein