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SG Gotha: Ein internetfähiger PC muss vom Jobcenter als Mehrbedarf übernommen werden

Das SG Gotha hat das beklagte Jobcenter zur zuschussweisen Übernahme eines internettauglichen PC/Laptop nebst notwendigem Zubehör und Serviceleistungen in Höhe von 600 EUR verurteilt.

Das SG Gotha vertritt die Ansicht, dass ohne einen PC die schulischen Anforderungen nicht angemessen erfüllt werden können, ein Vorhandensein wird von den Schulen selbstverständlich vorausgesetzt.

Das Gericht spricht in seiner Begründung Klartext: "Jeder, der Kinder in diesem bzw. schulfähigen Alter hat - und dass hat eine Vielzahl der Mitarbeiterinnen des Beklagten -, müsste eigentlich wissen, dass ohne einen hitemetfähigen PC/Laptop die Befolgung organisatorischer Vorgaben der Schule zu großen Teilen gar nicht mehr möglich ist. Das fängt bei der Essenbestellung bei den einschlägigen Anbietern an, geht weiter über oftmals täglich aktualisierte Vertretungspläne der Schule und weiter über Referate bzw. Seminararbeiten, deren Fassung am Computer als selbstverständlich vorausgesetzt wird und auch wegen des Einsatzes von Schaubildern, Tabellen etc. gar nicht mehr anders möglich ist. Das ist so offensichtlich und selbstverständlich, dass es hier keiner gesonderten Darlegung mehr bedarf." Dass das Jobcenter dieses anders sieht, zeugt nach Ansicht des Gerichts von einer "gewissen  Weltfremdheit".

Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei der Anschaffung eines PC/Laptops um einen laufenden Bedarf i.S. von § 21 Abs. 6 SGB II. "Denn der Computer/Laptop wird zwar nur einmal bezahlt, er erfüllt jedoch einen laufenden Bedarf, nämlich den, sachgerecht in ordnungsgemäßer Weise eine Schule besuchen zu können, ohne von vorneherein ´abgehängt´ zu sein.“

Harald Thomé führt dazu aus: "Dieses neue Urteil steht in einer Reihe weiterer Urteile, in denen die Jobcenter zur Übernahme von Bildungskosten nach § 21 Abs. 6 SGB II, d.h. auf Zuschussbasis verurteilt wurden. So Schulbücher (LSG Niedersachsen-Bremen v. 11.12.2017 - L 11 AS 349/17,  internetfähiger PC (im Wert von 350 €) SG Cottbus v. 13.10.2016 – S 42 AS 1914/13) und ein Tablet, welches schulischerseits benötigt wird (SG Hannover v. 06.02.2018 - S 68 AS 344/18 ER). In den anderen Urteilen wird herausgearbeitet, dass die Höhe des Anspruchs für Lernmittel und Bildung nicht bedarfsgerecht ausgestaltet ist und es zu einer verfassungswidrigen Bedarfsunterdeckungen kommt  und daher wegen planwidrigen und massiver Regelungslücken für diese Bedarfe eine Anspruchsgrundlage geschaffen werden muss. Die Gerichte sehen hier als Grundlage, solange der Gesetzgeber diese nicht selber schafft, den Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II."

Quelle: Newsletter Harald Thomé 33/2018 vom 08.09.2018


SG Gotha, Urteil vom 17.08.2018 - S 26 AS 3971/17

 

Entscheidung

 

 

 

Koordinierungsstelle Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein